Heißer Konkurrenzkampf um die Olympiastarts auf den Langstrecken: Taktische Spielchen inklusive

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Auf den Langstrecken ist der Konkurrenzkampf bei den deutschen Schwimmern seit Jahren besonders intensiv, selbst als Fünfter der Weltrangliste verpasste man da zuletzt schon mal die Qualifikation für den internationalen Saisonhöhepunkt, weil dieser Platz im nationalen Ranking trotzdem nur Rang drei bedeutete. Insbesondere Sven Schwarz traf es dabei mitunter hart.

In diesem Jahr ist es nun aber erstmals so, dass der U23-Europameister von 2023 nach WM-Platz vier über 800m Freistil im Februar in Doha (QAT) ein Olympiaticket zumindest über diese Strecke schon sicher hat, wie übrigens auch seine Mitstreiter Lukas Märtens über über 200m und 400m Freistil, Florian Wellbrock (1500m Freistil und 10km Freiwasser) und Oliver Klemet (10km Freiwasser). Trotzdem versprechen die längeren Distanzen bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin (25. – 28. April) wieder besonders viel Spannung. „Wir kämpfen in Berlin noch um weitere Olympiastarts und können es dabei ohne ganz großen Druck richtig krachen lassen, sicher wird es dabei aber auch einige taktische Überlegungen geben“, meinte Schwarz im Vorfeld der Titelkämpfe. „Da sich das Programm der Deutschen Meisterschaften nur über vier Tage erstreckt und nicht wie bei Olympia über neun, wird sich jeder von uns über sein Pausen-Management und vielleicht auch die Konzentration auf einzelne Strecken Gedanken machen.“ Für Schwarz liegen in Berlin daher nur die 400m und 1500m im Fokus.

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Gleich beim DM-Auftakt am Donnerstag (25. April) erwartet die Fans mit den 400m Freistil ein Rennen mit WM-Format. Der für Paris (FRA) bereits gesetzte WM-Dritte Märtens trifft laut Meldeliste auf Schwarz, Wellbrock, Klemet und auch Henning Mühlleitner, der 2021 in Tokio (JPN) Olympiavierter geworden war. Schon am vergangenen Wochenende war Klemet in Magdeburg mit seiner neuen Bestzeit von 3:42,81 Minuten klar unter der Olympianorm (3:46,78) geblieben – ein deutliches Zeichen, dass der Frankfurter den olympischen Doppelstart anstrebt. „Nachdem ich schon bei der WM 2023 in Fukuoka in Becken und Freiwasser qualifiziert war, würde ich das gern auch für Paris schaffen“, so Klemet. Dann könnte der 22-Jährige nämlich auch die gesamte Olympiavorbereitung inklusive Anreise nach Frankreich komplett im selben Rhythmus wie sein Trainingspartner Wellbrock bestreiten.

Über 800m Freistil folgt dann am Freitag (26. April) das Rennen um das zweite Olympiaticket hinter Schwarz. Auch hier hat sich Klemet in aussichtsreiche Positionen geschoben, indem er am Samstag mit 7:46,03 Minuten schneller schwamm als Wellbrock in Doha (7:48,17). „Nach der guten 400-Meter-Zeit hätte ich es noch schneller erwartet, aber vielleicht ging es eben genau wegen dieses Rennens am Tag zuvor nicht schneller. Das letzte Wort wird hier nun aber eh erst in Berlin gesprochen“, meinte Klemet. Eine taktische Überlegung könnte daher sein, auf die gute 400m-Zeit zu vertrauen und sich in Berlin auf das 800m-Rennen zu konzentrieren.

Denn auch Wellbrock betonte zuletzt, wie wichtig ihm dieses ist. In Tokio war Platz vier über 800m ein gelungener Start ins olympische Geschehen gewesen, in dem später dann bekanntlich noch Bronze über 1500m Freistil und Gold im Freiwasser für ihn folgten. „Den 800-Meter-Platz möchte ich erstmal nicht so ohne Weiteres hergeben“, betonte Wellbrock daher auf die Frage, ob er diesen Startplatz notfalls einem Magdeburger Kollegen überlassen würde. „Olympische Spiele sind der falsche Wettkampf, um anderen Leuten die Plätze herzuschenken.“ Mindestens eine Zeit um 7:42 Minuten werde vermutlich nötig sein fürs Paris-Ticket, tippte Wellbrock. Das wäre schneller als Schwarz bei der WM in Doha.

Lukas Märtens entschied sich zuletzt endgültig dazu, in diesem Jahr komplett auf die Langstrecken verzichten: „Die 800 Meter passen bei Olympia nicht so gut in mein Programm, da gibt es Überschneidungen mit den 200 Metern. Und mir geht es ja um Medaillen in Paris, nicht um möglichst viele Finalteilnahmen“, sagte der Magdeburger. Über 1500m Freistil kommt es bei der DM daher „nur“ zum Duell zwischen Klemet und Schwarz um den zweiten Startplatz hinter dem WM-Zweiten Wellbrock. Weltklassezeiten sind aber auch da wieder garantiert.

Bei den Frauen geht es im längsten Rennen um gleich zwei Olympiastarts

Heiß umkämpft sind die langen Kanten auch bei den Frauen. Isabel Gose hat als dreifache WM-Medaillengewinnerin von Doha ihre Olympiastarts von 400m bis 1500m zwar bereits sicher und findet das „auch mal ganz schön“. Trotzdem werden es auch für sie emotionale Titelkämpfe: Denn hinter ihr kämpfen mit Leonie Märtens und Celine Rieder nun zwei sehr enge Freundinnen aus ihrer Magdeburger Trainingsgruppe im direkten Duell ums Paris-Ticket.

„Celine hat den Vorteil, dass sie schon große Wettkämpfe mitgeschwommen ist. Leonie hat die außergewöhnliche Situation, dass sie gleich einige Strecken zur Auswahl hat“, meinte Gose im Vorfeld. Tatsächlich unterbot Märtens vergangene Woche bereits die Normzeiten über 400m Freistil (4:07,69) und 1500m Freistil (16:02,99). Der Traum vom gemeinsamen Olympiastart mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder Lukas ist damit schon ziemlich nahe, trotzdem betonte die 20-Jährige auf der DM-Pressekonferenz am Dienstag: „Ich möchte in Berlin nicht nur meine beiden Startplätze verteidigen, sondern mir auch noch die dritte Normzeit über 800 Meter holen.“

Nicht zu Unrecht verweist Gose aber auch auf Jeannette Spiwoks als weitere Kontrahentin mit olympischen Ambitionen: „Jeannette wird auf jeden Fall auch eine Rolle spielen, denn sie kann dabei sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“ Spiwoks hatte es bei der WM in Doha knapp verpasst, sich ein Olympiaticket im Freiwasserschwimmen zu sichern. Nun lassen es die Regeln neuerdings aber zu, dass bei einer Qualifikation über 1500m Freistil (oder alternativ über 800m) dann auch im Freiwasser gestartet werden darf. Auch Rieder würde dann einen Doppelstart angehen wollen, einzig Märtens zeigt kein Interesse daran. Aber vielleicht macht sie ja genau diese Konzentration auf die Beckenrennen letztlich so stark.

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Normzeiten für die Olympischen Spiele 2024 und bisherige Normzeiterfüllungen

Frauen Strecke Männer
24,70 50m Freistil 21,96
53,61 100m Freistil 48,34

Josha Salchow 47,85

1:57,26 200m Freistil 1:46,26

Lukas Märtens

Rafael Miroslaw 1:45,84

4:07,90

Isabel Gose

Leonie Märtens 4:07,69

400m Freistil 3:46,78

Lukas Märtens

Oliver Klemet 3:42,81

8:26,71

Isabel Gose

800m Freistil 7:51,65

Sven Schwarz

Oliver Klemet 7:46,03

Florian Wellbrock 7:48,17

16:09,09

Isabel Gose

Leonie Märtens 16:02,99

1500m Freistil 15:00,99

Florian Wellbrock

Sven Schwarz 14:47,89

1:06,79 100m Brust 59,49

Melvin Imoudu 59,07

Lucas Matzerath 59,30

2:23,91 200m Brust 2:09,68
59,99 100m Rücken 53,74

Ole Braunschweig 53,48

2:10,30 200m Rücken 1:57,50

Lukas Märtens 1:56,18

57,92

Angelina Köhler

100m Schmetterling 51,67
2:08,43 200m Schmetterling 1:55,78
2:11,47 200m Lagen 1:57,94
4:38,53 400m Lagen 4:12,50

Cedric Büssing 4:12,33

Fettgedruckt: Aufgrund der WM-Ergebnisse 2023 oder 2024 bereits fest für Paris 2024 qualifiziert

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